Nicht nur die Übertreibung von Political Correctness sondern auch die Spaltung der Geister über den Umgang mit der Corona-Krise lassen mich zu dem Schluss kommen, dass keiner mehr so richtig weiß, was er oder sie eigentlich sagen oder schlimmer noch, denken darf, ohne gleich in unliebsame Schubladen gesteckt zu werden. Meiner Meinung nach zieht sich das durch sämtliche Bereiche unseres alltäglichen Lebens und zwar nicht nur im Großgefüge unserer Gesellschaft, sondern bis hinein in unsere Interaktion mit Familie und Freunden.
Wäre es also nicht wesentlich angebrachter, die Werte zu überdenken, die wir in unserer Gesellschaft leben und auch an künftige Generationen vermitteln wollen, statt die Zeit damit zu verschwenden, uns an einzelnen Begriffen zu verheddern und sie anderen so zum Verhängnis machen, dass sie aus Angst, sich in die Nesseln zu setzen, lieber nur noch vorgefertigte Diskurse wiederholen statt ihre eigene Meinung auszudrücken? Ich meine, wir sollten lieber beginnen, Worte statt Wörter auf die Goldwaage zu legen.
Man könnte doch davon ausgehen, dass wir es im Regelfall mit normaldenkenden Menschen zu tun haben, deren Interesse es in erster Linie ist, ein harmonisches und gerechtes Zusammenleben zu erreichen, und per se niemand jemandem etwas Böses wollen. Klar, diese Annahme kann ich natürlich nicht treffen, ohne Personen auszuschließen, die an jedweder Form von Psychopathie leiden. Dabei will ich den Menschen, die unter einer solchen Krankheit leiden, natürlich keinen bösen Willen unterstellen sondern gehe davon aus, dass in diesen Fällen hauptsächlich Zwänge vorliegen. Diskriminiere ich jetzt trotzdem gerade eine Personengruppe? Ich finde, man sollte hier nicht sofort einen verbalen Eiertanz veranstalten müssen, sondern fünf grade sein lassen können. Ich vermisse im öffentlichen – und bei Manchen auch im privaten Diskurs den Willen oder die Fähigkeit, immer mal wieder zu überlegen, wo denn genau die Grenze zwischen benennen und abwerten ist. Das Wort diskriminieren selbst, wird ja im Übrigen in der Fachsprache auch als Synonym von unterscheiden benutzt.
Die Werte zu überdenken, die wir leben wollen, schließt, finde ich, in diesem Zusammenhang der Diskriminierung auch mit ein, wie leicht wir uns selbst auf den Schlips getreten fühlen. Muss denn jede Aussage und jeder Witz, der über jemanden oder über eine Gruppe gemacht wird, gleich als Angriff und Beleidigung verstanden werden? Wieso kann man denn nicht auch hier fünf grade sein lassen und einfach auch mal über sich selbst lachen?