Es ist kein Phänomen, das sich auf den Erwerb von Deutsch oder Spanisch beschränkt, sondern macht sich beim Fremdsprachenlernen insgesamt bemerkbar. Hören ist die Kompetenz, vor der die meisten Lerner einer neuen Sprache am meisten Respekt haben. Dabei ist es eigentlich egal, in welcher Lernumgebung wir uns befinden. Im Klassenzimmer, im Seminarraum oder in der natürlichen Lernumgebung im Land selbst.
Meiner Meinung nach kann man das nicht so pauschal sagen, denn für mich ist essenziell, an welche Art von Sprache man als Lerner gewöhnt ist. Trifft man also als Muttersprachler einer Silbensprache auf eine Wortsprache, hat man unter Umständen trotzdem Schwierigkeiten, die Sprache zu verstehen, weil man mit dieser Form von phonologischer Trennung nicht vertraut ist.
Ich glaube wir werden im herkömmlichen Fremdspracherwerb in Europa zu sehr darauf getrimmt, immer alle Wörter und Sätze in einem Text zu identifizieren, zu analysieren und zu verstehen – im schlimmsten Fall, sie immer zu übersetzen – und das wenden wir dann automatisch und unbewusst auch auf die gesprochene Sprache an. Je niedriger das Niveau, auf dem wir eine Fremdsprache beherrschen, desto größer die scheinbare Notwendigkeit, im Kopf alle einzelnen Elemente eines Satzes in die eigene Sprache zu übertragen. Macht man beispielsweise eine Reise in das Land, dessen Sprache man gerade lernt, so findet man sich sicher oft in Situationen, in denen man völlig überfordert versucht einen Unterhaltung zu führen. Dabei kann leicht der Eindruck entstehen, dass man viel zu wenig Vokabeln kennt, dass die Dinge, die im Lehrbuch so dran waren, gar nicht der sprachlichen Realität entsprechen oder dass man einfach doch keine Begabung für diese Sprache hat. Natürlich kenne ich nach einem noch so erfolgreich abgeschlossenen A1 Kurs nicht den kompletten Wortschatz und sämtliche strukturellen Besonderheiten einer Sprache. Also kann es schnell zu einer absoluten Frustration führen, wenn ich mich nicht genauso über ein Thema unterhalten kann, wie ich es in meiner Muttersprache tun würde.
Bei der eigenen Sprachproduktion hilft es manchmal, sich vorzustellen, man will diese Dinge mit einem kleinen Kind besprechen, denn so zwingt man sich selbst, sich einfacher Wörter und Sätze zu bedienen und siehe da, plötzlich kann ich die gelernten Grundlagen doch in der realen Sprachsituation anwenden.
Beim Zuhören ist das allerdings nicht so einfach. Zumal im Gehirn reflexartig der Filter für Wichtiges und Unwichtiges ausgeschaltet wird, um möglichst viele noch so kleine Wortfetzen zu erkennen und zu verstehen. Das erfordert äußerst viel Anstrengung und Konzentration, deren man sich nicht einmal bewusst ist.
Es ist ein Chipwechsel nötig. Macht man sich erst einmal klar, wie das Zuhören in der eigenen Sprache funktioniert, könnte das in der Fremdsprache plötzlich viel lockerer werden. Eine ganz einfache Überlegung könnte hier schon weiterhelfen. Stellen wir uns vor, jemand erzählt uns etwas in der Muttersprache und eine dritte Person fragt einen dann nach dem Inhalt des Gesagten. Wir geben dann automatisch den Kontext wieder, ohne jedoch den genauen Wortlaut zu wiederholen. Das zeigt doch, dass wir Dinge im Zusammenhang aufnehmen und erinnern; in Bildern oder Assoziationen, nicht aber in einzelnen Wörtern oder Sätzen denken. Ich bin davon überzeugt, dass man in der Fremdsprache wesentlich mehr verstehen wird, wenn man sich diese Tatsache vor Augen führt. Auf diese Weise kann man sich nämlich von den sprachlichen Segmenten lösen und sich auf den Kontext verlassen, der ja bekanntlich auch durch außersprachliche Elemente wie Gestik und Mimik kommuniziert wird.