Zeige mir, wie du wohnst, so sage ich dir, wer du bist!

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Die erste Frage, die man meistens hört, wenn man zum ersten Mal zu jemandem nach Hause kommt ist in Deutschland „Soll ich dir erst mal die Wohnung zeigen?“. (Gut, manchmal auch die zweite, gleich nach „Würde es dir etwas ausmachen, die Schuhe auszuziehen?“). Ich habe die Frage auch schon gestellt, wenn jemand als Prämiere bei mir daheim auf der Matte stand. In Deutschland gehört das wohl dazu. In Spanien, zumindest in Andalusien, aber nicht. Deshalb frage ich mich, warum das uns Deutschen ein Bedürfnis ist.

Böse Zungen behaupten, das ist, weil man bei der Gelegenheit gleich zeigen kann, wie schön der neue Schrank ist, den man sich für so und so viel Euro gerade gekauft hat oder wie toll sich doch das neueste Modell des Computerbildschirms, den man sich vor ein paar Wochen jetzt doch mal geleistet hat, in die Home-Office-Ecke einfügt. Eine solche plumpe Angeberei würde ich den Leuten, die ich kenne aber nicht unterstellen wollen.

Außerdem finde ich es schön, die Geschichten zu hören, die sich hinter speziellen Möbeln, Dekorationsobjekten und Gebrauchsgegenständen verbirgt. Es interessiert mich, wenn jemand zum Beispiel genau diese eine Wohnzimmerlampe in einem kleinen Geschäft im letzten Marokko-Urlaub entdeckt hat und sie ihm dann nach mehreren, wegen der Sprachbarriere umständlichen Telefonaten mit dem Ladenbesitzer Monate später endlich nach Hause geliefert wurde.

Vielleicht sollte man also zunächst mal überlegen, warum wir eigentlich unsere Wohnungen so einrichten, wie wir sie einrichten. Viele entscheiden sich doch für die Objekte im Raum, weil sie seiner Meinung nach besonders gut hineinpassen, oder? Dabei spielt Geschmack eine sehr große Rolle. Der wiederum ist aber äußerst individuell. Das heißt also, dass die Persönlichkeit bei der Auswahl eine fundamentale Rolle spielt. Daraus schließe ich, dass wir uns mit der Wohnung in gewisser Weise identifizieren, uns vielleicht sogar über sie definieren. Normal also, dass Mietwohnungen im Gegensatz zu vielen anderen Ländern in Deutschland unmöbliert vergeben werden. Wir verbringen schließlich viel Zeit in den eigenen vier Wänden, wollen uns dort wohl fühlen und dekorieren also mit oft nicht unerheblicher Anstrengung nach unserem eigenen Gusto. Darauf kann man doch dann auch stolz sein und dabei ist es ja nur logisch, dass man dann eben auch andere Personen daran teilhaben lassen will. Demnach offenbaren wir Deutsche mit der Führung durch die Wohnung also nicht in erster Linie was wir haben, sondern wer wir sind.   

Aber wie geben Andalusier diesen Einblick in die Persönlichkeit? Zumal sie nicht nur die Besichtigungstour durch die eigenen Vier Wände nicht machen, sondern überhaupt wesentlich seltener Leute zu sich nach Hause einladen als das in Deutschland der Fall ist. Im Allgemeinen wird angenommen, es habe mit dem Klima zu tun, dass sich das soziale Leben in Spanien, v.a. in Andalusien auf der Straße abspielt und in Deutschland in den Wohnungen und Häusern. Außerdem verbringen die Menschen im Süden gern Zeit in größeren Gruppen. – Unmöglich, die gesamte Clique immer in die eigene Wohnung einzuladen. Ein anderer Grund mag allerdings in der Geschichte des Landes liegen. Während des Bürgerkriegs und der Diktatur bespitzelten sich etliche Bekannte gegenseitig. Dabei ist es natürlich schwieriger, im Tumult und Trubel einer Eckkneipe ein Gespräch auszumachen, als im Wohnblock durch die Wand zum Nachbarn. Steckt das etwa noch so tief in der kollektiven Mentalität, dass tiefe Einblicke in die Persönlichkeit nur den aller engsten Freunden vorbehalten bleibt? Das würde gleichzeitig erklären, warum es vor allem in Andalusien äußerst einfach ist, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, wesentlich leichter als in den meisten Gegenden Deutschlands, die Unterhaltungen dann aber oft sehr an der Oberfläche bleiben. Deshalb scheinen Andalusier auf den ersten Blick sehr viel offener als Deutsche zu sein. Sie pflegen viel mehr Sozialkontakte im Vergleich, aber dafür weniger profunde Freundschaften. Unterwegs beobachtet man im Vergleich dann Folgendes: Während eine Großzahl der Deutschen darauf achtet, dass die Kleidung und der Haarschnitt in erster Linie funktionell und praktisch ist, legen die meisten Spanier großen Wert auf ein gepflegtes und zurechtgemachtes Erscheinen inklusive Schminke und aufwändige Haarfrisur. Und sie zeigen normalerweise nicht, wie sie wohnen. Bleibt deshalb verborgen, wer sie sind?  

Von der Kunst, Wäsche richtig aufzuhängen

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Klodeckel offen lassen geht für mich überhaupt nicht. Irgendwie hätte ich dann ständig Angst, etwas fällt mir hinein. Es gibt aber Leute, bei denen das Usus ist und wieder andere, denen es völlig egal ist, ob das Ding offen steht oder nicht. Genauso spalten sich die Geister, wenn es darum geht, die Zahnpastatube fein säuberlich von hinten aufzurollen (es soll sogar Personen geben, die extra eine kleine Vorrichtung anbringen ähnlich der, die man früher benutzt hat, um Sardinendosen zu öffnen) oder den Inhalt einfach nach und nach mit der Faust herauszuquetschen. Ein anderes Beispiel ist die Frage, ob Geschirr vorgespült werden sollte, bevor es in die Spülmaschine kommt. Spült man von Hand, verfechten Manche den vermeintlich umweltfreundlicheren Ansatz, alles in der gleichen Spülbrühe abzuwaschen und Andere spülen lieber unter fließendem Wasser. Die Liste mit Alltagsfragen dieser Art ließe sich unendlich fortführen und der spontane Gedanke, der mir dazu kommt, ist: Ist doch egal, das kann doch jeder so machen, wie er will. Damit ist für mich das Thema auch meistens erledigt. Problematisch wird es allerdings wenn man sich, in welcher Konstellation auch immer, mit einer oder mehreren Personen die Wohnung teilt.

In einer WG beispielsweise sorgen solche Angelegenheiten wahrscheinlich für Konfliktpotential, das zu unendlichen Diskussionen führen kann und das Zusammenleben dann holprig macht.
In einer Lebensgemeinschaft können sie sogar noch anstrengender werden, da sie oft einen Schatten auf andere Ungereimtheiten in der Beziehung werfen.

Wie oft wird denn wegen Meinungsverschiedenheiten dieser Art ein riesen Streit vom Zaun gebrochen und hinterher – oder von außen betrachtet  -fällt dann auf, dass sie tatsächlich nur das ohnehin schon volle Faß der Unzufriedenheiten in der Beziehung zum Überlaufen gebracht haben. Will man das vermeiden, sollte man sich, wie ich meine, verschiedene Dinge bewusst machen:

Bei den meisten Alltagsfragen dieser Art gibt es unterschiedliche Heran- und Vorgehensweisen, die wahrscheinlich alle ihre Vor- und Nachteile mit sich bringen. Jeder Mensch gewöhnt sich eben im Laufe seines Lebens die eine oder andere an, weil er oder sie das so bei anderen sieht, damit gute Erfahrungen gemacht hat, es immer schon so gemacht hat, die psychischen oder physischen Konditionen es so am besten zulassen oder er es halt so einfach am praktischsten findet.

Bei Paaren, bei denen beide berufstätig sind, ist es ja in unseren Breiten mittlerweile natürlich zu beobachten, dass Gleichberechtigung im Haushalt gelebt wird. Zumindest sagen das die meisten, wenn man sie fragt. Ich persönlich sehe in meinem Freundes- und Bekanntenkreis sowohl in Deutschland als auch in Spanien viele Paare und Familien, bei denen es so ist. Bei den meisten pendeln sich die Aufgaben, die von jedem übernommen werden, einigermaßen ein. Warum ist es dann so oft so, dass sich einer um die Wäsche kümmert und der andere um das Kochen und den Abwasch? Auf Nachfrage kommt oft: Das oder jenes macht sie oder er einfach besser als ich. Oder manchmal: Bei aller Liebe (oder wie es neuerdings immer so oft heißt: Ganz ehrlich-), er hängt die Wäsche einfach total falsch auf. Oder: Sie fährt einfach ganz falsch Auto. Sie bremst ja nicht mal mit dem Motor.
Mich, als eiserne Verfechterin der Gleichberechtigung aber nicht Gleichmachung, beschleicht manchmal der Gedanke, dass es halt doch Dinge gibt, die manchen Frauen und manchen Männern unterschiedlich leicht von der Hand gehen. Fakt ist ja, dass es in der Psychologie viele Studien dazu gibt, wie unterschiedlich weibliche und männliche Gehirne funktionieren. Nein, natürlich nicht bei jedem zwingend, aber die Tendenz zu bestimmten Kapazitäten ist wissenschaftlich belegt. In wie weit das alles anerzogen oder durch genetische Eignung bestimmt ist, bleibt natürlich fraglich. Selbst wenn wir das eindeutig beantworten könnten, brächte es uns im Zusammenleben wohl nicht weiter.

Weiter bringt uns aber aller Wahrscheinlichkeit nach etwas viel Simpleres: Ein Perspektivwechsel. Wird die Diskrepanz in den genannten Aufgaben also ein Störfaktor für die Beziehung, sollte man sich einfach einmal mehr bewußt macht, dass es eben verschiedene Arten gibt, wie man eine Aufgabe erledigen kann. Zum Beispiel besonders schnell, dafür aber vielleicht etwas ungenauer. Oder mit einem Handgriff statt mit dreien. Von unten nach oben oder von oben nach unten und so weiter. Vielleicht sind die frisch gewaschenen Klamotten wirklich schneller oder weniger schnell trocken, wenn man am Wäscheständer zwischen Reihe und Reihe ein Stäbchen frei lässt und vielleicht gibt es hinterher einige Falten weniger zu sehen, wenn man jedes Kleidungsstück kräftig ausschüttelt, bevor man es festklammert. Aber – ganz ehrlich – ob man eine Hose nun am Bund oder an den Beinen aufhängt, ist keine Frage von richtig oder falsch sondern halt einfach nur von anders.

Deutsch und das kleine grüne Männchen

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Was einzigartig dich macht, stark dich macht. Dies nutzen du musst. Nur du selbst immer sein du musst. – Auch wer Star Wars nicht gesehen hat, weiß, dass Yoda – der kleine Grüne mit den spitz zulaufenden Ohren – seine Weisheiten auf diese verdrehte Art an den Mann bringt. Im Original und in den übersetzten Fassungen der Filme. Für Muttersprachler klingt das in der jeweiligen Sprache irgendwie verkehrt. Es ist ja immer schwer, einzuschätzen, wie seine eigene Sprache für jemanden klingen muss, der sie nicht versteht oder gerade lernt und gemeinhin wird von Deutsch behauptet, dass es hart und unfreundlich klingt. Das liegt zum Einen an Besonderheiten der Aussprache wie zum Beispiel der Auslautverhärtung. Diese hat unter Anderem zur Folge, dass stimmhafte Konsonanten wie b, d und g am Ende des Wortes stimmlos geäußert werden, deshalb klingt Hund im Deutschen wie Hunt, Hunde allerdings wie Hunde; Berg wie Berk, Berge aber wie Berge und Dieb wie Diep, Diebe aber wie Diebe. Der Wortakzent tut ebenfalls das Seinige, dass sich Deutsch so abgehackt und roboterhaft anhört. Ein weiterer Grund für diesen Effekt ist, dass Deutsch eine Wortsprache und keine Silbensprache ist, wie ich schon in „Ich hör’ wohl nicht recht!“ erwähnt habe.

Der Ire Dylan Moran soll es mal folgenderweise auf den Punkt gebracht haben: „Deutsch klingt wie eine Schreibmaschine, die Alufolie frisst und die Kellertreppe hinuntergetreten wird.“

Obwohl dieser Vergleich alles andere als schmeichelhaft ist, kann man ihn sicherlich nachvollziehen, sogar wenn man die Sprache beherrscht und dann eben oft nicht so gut nachempfinden kann, wie sie sich für jemanden anhört, der das nicht tut.

Noch schwieriger wird es, zu beurteilen, wie die Struktur einer Sprache auf jemanden wirken muss, der sie nicht (gut) kann. Ich glaube, Deutsch klingt nach Yoda. Alles irgendwie verdreht. Die Regeln, wenn es auch eine Unmenge davon gibt, sind ja im Prinzip ganz klar und die Wichtigste lernt man schon ganz am Anfang des Deutschunterrichts: Das konjugierte Verb steht, als König des Satzes, immer auf Position zwei im Hauptsatz und am Ende in Nebensätzen. Außerdem ist Deutsch eine Subjekt-Objekt-Verb-Sprache und nicht wie beispielsweise das Englische oder die Romanischen Sprachen eine Subjekt-Verb-Objekt-Sprache, was zur Folge hat, dass   Teile des Verbs nicht nur im Nebensatz, sondern eben auch im Hauptsatz am Ende stehen müssen.

Das mag nicht immer so aussehen. Nehmen wir nämlich beispielsweise einen kurzen Satz wie

Er will tanzen.

Das sieht aus wie im Englischen:

He wants to dance.

… oder im Spanischen:

Quiere bailar.

Aber sobald wir zusätzliche Information ergänzen fällt der Unterschied auf:

Er will nicht mit ihr tanzen.

He doesn’t want to dance with her.

No quiere bailar con ella.

Viele Sprachen liefern also die wichtige inhaltliche Information direkt mit, im Deutschen muss man eben oft das Ende des Satzes abwarten, damit man genau weiß, wovon die Rede ist. Je länger die Sätze, desto geduldiger muss man also sein. Ganz kurios wird es, wenn dann kein ganzes Verb mehr kommt, sondern nur ein Verbzusatz wie an, ab, ein und so weiter. Obwohl man das aus anderen Sprachen kennt, dass Verben durch kleine Zusätze ihren Sinn komplett verändern, überrascht es doch, dass das Entscheidende erst zum Schluss aufkreuzt. So weiß man im Spanischen dank des „a“s sofort ob jemand das Licht ausmacht (Apaga la luz), oder den Strom bezahlt (Paga la luz), während man im Deutschen warten muss, bis der Satz zu Ende ist um beispielsweise zu erkennen, ob jemand aggressiv oder hilfsbereit ist: Ich schlage deinen Freund (für die neue Stelle beim Chef vor).

Und darin liegt, glaube ich, der Grund dafür, dass Deutsch muss klingen verdreht in den Ohren vieler Lerner.

Es kann abgefertigt werden

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Die morgendliche Versammlung der Flughafenmitarbeiter hat wie üblich mit einer kleinen Verspätung begonnen. Der Vorsitzende fragt in die Runde: Also, wer kümmert sich heute um die Gepäckverladung? Es melden sich gleich zwei junge Männer, die offensichtlich in jeder freien Minute im Fitness-Studio ihre Muckis pumpen. Ein dritter, wesentlich schmächtiger gebauter Kollege hebt auch die Hand. Ob das denn wirklich die richtige Aufgabe für ihn sei, wird gemurmelt. Klar, immerhin arbeite er jetzt schon seit 2 Jahren als Shuttlebusfahrer hier und hätte schon oft genug beobachtet, wie das mit den Koffern abzulaufen hat. Wegen der mangelnden Fitness meine man ja nur… Er werde das schon schaffen, gibt er zurück und notfalls seien ja auch die anderen beiden vor Ort und könnten ihm gegebenenfalls die ganz schweren Koffer abnehmen. Damit wäre dieser Punkt dann schon mal geklärt. Gut, dass sich da jetzt so schnell Freiwillige gefunden haben. 
Als nächstes werden die Posten am Check-In verteilt. Hier treten gleich weitaus mehr Leute vor als nötig.Ist ja gut bezahltes Geld, das man so bekommt, um ein paar Stunden am Schalter zu sitzen und Passagierdaten einzugeben. Eine Auswahl muss getroffen werden. Verschiedene Sprachen sollte man eigentlich schon beherrschen, ist die Aussage vom Chef, um den Ansturm etwas einzudämmen. „Also mit Englisch und Spanisch kommt man ja immer durch. Das sprechen ja die meisten Passagiere. Außerdem tippe ich im 10-Finger-System und kann somit in kürzerer Zeit viel mehr Check-ins abwickeln als meine Adler-Such-System-Kollegen“ Sagt einer der Aspiranten. Ja, das sei natürlich ein Argument, das zum agileren Ablauf beträgt. Er wird also direkt für die Aufgabe notiert und soll einfach aus den anderen Freiwilligen kurz die bestgeeignetsten aussuchen. Durch die langjährige Zeit am Flughafen kenne man sich ja mittlerweile doch auch ein bisschen und wüsste um die jeweiligen Stärken, die nützlich für den Job seien.

Damit also zum Kabinenpersonal. Die verbleibenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen schauen verstohlen vor sich auf den Platz. Keiner meldet sich. „Na kommen Sie schon, wir brauchen für den Flug heute mindestens fünf. Frau Keller, Sie könnten das zum Beispiel mal machen, sie haben ja auch schon im Duty-Free gearbeitet. Das hat doch immer gut geklappt. Sie haben auch immer so einen guten Draht zu den Fluggästen mit ihrem adretten und selbstbewussten Auftreten.“ „Naja, eigentlich habe ich keine große Lust auf Kabinenservice, vor allem jetzt, mit den ganzen Gewinnspielen und zollfreien Waren, die an den Mann gebracht werden sollen.“ – „Ah, ja, das ist ein gutes Stichwort, denken Sie bitte alle an die Mindestverkaufszahl, die sie auf dem Flug erreichen sollten. Um diese scheinbar bei vielen verhasste Aufgabe etwas attraktiver für Sie zu gestalten, haben wir uns überlegt, dass das Kabinenpersonal eine Bonuszahlung erhalten wird. In Abhängigkeit vom Umsatz, den man jeweils An Bord generiert.“ Fünf Hände fahren in die Luft. „Sehen Sie, jetzt müssen Sie ja gar nicht ran, Frau Keller. Dann könnten Sie  auf diesem Flug mal Co-Pilotin sein. Das haben Sie doch noch nicht ausprobiert, oder?“ – Super, meint Frau Keller, ja, das traue Sie sich zu. Sie habe sich in letzter Zeit auch öfter mit dem Thema auseinander gesetzt, weil Sie ja im Aufenthaltsraum auch meistens mit den Co-Piloten redet und sich sogar jetzt schon das Handbuch mal angesehen hätte. Gut, dann wäre das auch geklärt, aber dann müsse man sehen, dass sich für heute ein Piloten oder eine Pilotin findet, die das schon mindestens einmal gemacht hat. Nur für den Fall, dass doch mal was wäre, damit man sich auch gegenseitig etwas unterstützen könne. Naja, im Normalfall passiert ja auch immer nichts.

Schön, dann solle sich der Rest wie immer auf die restlichen Bereiche Reinigung, technische Kontrolle und Tower verteilen. Wer nicht so zufrieden sei mit der Verteilung, fände sicher einen Weg des Ausgleichs, auch wenn es nur ein paar zusätzliche Urlaubstage seien.

Gut, dann sei man heute ja doch schneller durch mit der Tagesordnung als vorgesehen, das passe hervorragend, so bliebe jetzt doch noch etwas Zeit, noch kurz darüber abzustimmen, ob man die Verteilung in Zukunft nicht einfach über das Geschlecht und den Namen vornimmt, damit die Posten gleichmäßig nach weiblich, männlich und divers bzw. nach ethnischer Herkunft aufgeteilt werden.

Dann können jetzt die Passagiere abgefertigt werden.

Nicht so attraktiv der Gedanke, da einzusteigen, oder? Würde irgendjemand da einsteigen, wenn er die Wahl hätte? Wahrscheinlich eher nicht.
Da frage ich mich natürlich, warum es uns aber nichts ausmacht, dass scheinbar genau so alle Ministerien vergeben werden. Irgendwie ist kaum einer vom Fach, die Meisten erschrecken sich, wenn sie plötzlich Entscheidungen treffen müssen, die wichtig sind und auf jeden Fall sind alle immer vollkommen überarbeitet. Undenkbar in jedem anderen Berufsbereich. Normal in der Politik. Man kann sich darüber streiten, ob jeder Minister wirklich einen Doktortitel auf dem jeweiligen Gebiet braucht, aber ich finde, ein paar Grundvoraussetzungen könnten schon abgeklopft werden.

Fremdsprachenkenntnisse bei einer Außenministerin zum Beispiel. Es hat sich jüngst nämlich gezeigt, dass ein zweijähriges Auslandsstudium in England bei manchen Leuten nicht ausreicht, um hinterher Reden in einem akzeptablen Englisch abzulesen. Geschweige denn selbst zu verfassen. Von Staatsbesuchen mit echten und eventuell sogar spontanen Dialogen mal ganz abgesehen. Wenn doch von jedem Anwärter auf eine Position im Tourismussektor schon mindestens zwei Fremdsprachen verlangt werden, verstehe ich nicht, warum das bei einer Person, die ihr Land im Ausland repräsentiert nicht mindestens auch der Fall sein sollte. Ähnlich bei anderen Ministerposten. Wenn man natürlich durch die überdurchschnittliche Eignung für einen Bereich, den Mangel an Fähigkeiten in einem anderen wettmacht, wäre das ja durchaus vertretbar, wie bei anderen Berufen eben auch. Aber wenn man sich so umsieht, muss man ja leider feststellen, dass das eben normalerweise nicht der Fall ist.

– Also lässt sich ein weiterer Vergleich mit dem Flughafen-Bild ziehen: Wir Wähler können ebenfalls abgefertigt werden.

Darf Donald Trump weiter twittern oder nicht?

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Gerade jetzt mit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk, wird wieder diskutiert, was das Zeug hält. Skandal! Offensichtlich hat Elon Musk in irgendeinem Interview erwähnt, dass er Trumps Twittersperre auflösen würde. Da geht natürlich ein riesen Aufbegehren durch die Internationale Presse, obwohl zu dem Zeitpunkt der Äußerung übrigens noch gar nicht klar war, ob er die Übernahme über die Bühne kriegt. Es wird jedenfalls wieder einmal wildest über die moralische Verpflichtung der Sozialen Medien gestritten. Ich denke, Musk wird es so ziemlich egal sein, was so an Buchstaben und Wörtern durch Twitter gejagt wird, denn sein Plan ist ja, ein Zahlungssystem – ähnlich wie PayPal – über diesen Kanal einzuführen, das aller Voraussicht nach den anderen gängigen Zahlungssysteme locker das Wasser reichen, bzw. manche sogar ziemlich blass aussehen lassen dürfte.

Das will ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen, sondern will eben mal loswerden, dass es mich stört, dass diese wir-können-nicht-zulassen-dass-der-oder-die-das-öffentlich-sagt-Diskussion immer wieder voll in Fahrt kommt, wenn irgendein Machthaber plötzlich und völlig unverhofft fehlgeartete Kommentare in den Sozialen Medien postet.

Seltsam finde ich vor allem auch, dass es ja meistens jemand ist, der irgendwie auch ein höheres öffentliches Amt innehat oder – hatte. Dabei drängt sich mir immer die Frage auf, wie jemand mit solchen Auffassungen eigentlich eine derartige Position überhaupt erlangen kann.

Das Problem ist doch wirklich nicht allein, was Trump so von sich gibt. Eigentlich ist es dabei auch egal, ob er es eintippt oder in ein Mikrofon labert. Das Problem liegt doch darin, dass das, was er sagt, so viele Personen interessiert und beeinflusst! Ich finde darüber müsste diskutiert und sich echauffiert werden.

Es ist im Großen und Ganzen ziemlich unerheblich, wer was in welchen Kanal stellt, finde ich. Schlimm ist für mich zu beobachten, dass die scheinbar absurdesten Konten bei Instagram, Youtube, TikTok&Co. Die meisten Interessenten hinter sich herziehen.

Ich würde ja gerne das tolle Argument der Übertragung auf die Realität anführen, um zu illustrieren, dass man natürlich auf gar keinen Fall in Wirklichkeit sagen und machen würde, was man im Netz manchmal so von sich gibt. Hat noch vor ein paar Jahren gut gezogen. Man erinnere sich an die „klick-safe-Werbung: Wo ist Klaus?“ Mittlerweile, fürchte ich, ist es zu spät für dieses Argument. Die ganze Mobbing-Entwicklung mal außen vor gelassen, allein, wenn man sich die Massenansammlungen von Menschen ansieht, die sich stundenlang die Beine in den Bauch steht, um einen kleinen Blick auf ihr Idol, die oder den Influencer des Moments zu erhaschen, sieht man, dass der Effekt mit dem Übertragen auf die Realität jetzt vorbei ist. Da stehen sie nämlich und geben die gleichen Dinge von sich wie im Netz auch und alle finden es super.

Neulich bin ich zufällig an einer solchen Veranstaltung vorbei gegangen und habe mich bei den Wartenden erkundigt, welcher Superstar denn gleich aufkreuzen wird. „Ein 14 jähriges Mädchen, die alle Kinder toll finden“ war die Antwort von einem der vielen gelangweilten Elternteile. Dann habe ich es mir nicht nehmen lassen, auch ein paar Repräsentanten der Zielgruppe kurz zu fragen, auf wen sie denn hier warteten, worauf mir aus einem völlig fassungslosen Gesicht einer ca. 11-jährigen der entsprechende Name entgegen schlug. Die gesamte Gruppe der Freundinnen sahen sich und mich etwas verwirrt an. Ich glaube, sie überlegten, von welchem Planeten oder hinter welchem Stein ich hervorgekrochen war. Wahrscheinlich hatten sie auch etwas Mitleid, als ich dann interessiert fragte, was dieser Star denn so macht, denn am Ende fassten sie sich ein Herz und erklärten mir geduldig: Also sie hat halt so einen Kanal bei Youtube und mega viele Follower und erzählt, was sie so macht, was ihre Familie so macht, was ihre Freunde so machen und so – echt meeeega!

An dieser Stelle – bestätigt von der kleinen Recherche, die ich dann betrieben habe, um zu sehen, das sie wirklich genau das macht – kam ich zu dem Schluss, dass die Frage hier ja schon gar nicht mehr ist, warum Leute gewisse Inhalte interessiert verfolgen, sondern warum Eltern ihre Kinder in ihrem Groupie-Dasein für diese Art von Vorbildern eigentlich unterstützen.

Und bevor man jetzt fälschlicherweise den Eindruck erhält, ich finde Youtube Kanäle und Instagram Konten per se schlecht, möchte ich noch klar stellen, dass das Internet und die Sozialen Medien für mich eben eine andere Art Medium sind. Und dieses Medium hat seine sehr großen Vorteile, die man von mir aus auch wirklich nutzen sollte. Diese Überlegung verdient etwas ausgeführt zu werden und bekommt demnächst mal ihren eigenen Blogeintrag.

Machtspielchen und finanzielle Interessen

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In einigen Medienkommentaren kann man lesen, wie altmodisch wir sind, wenn wir Spitzenpolitikern keine Fehltritte zugestehen und erwarten, dass sie in ihrem Amt funktionieren. Ich glaube nicht, dass jemand denkt, Politiker hätten kein Recht auf Menschlichkeit oder auf Erholung und Urlaub. Es steht ja außer Frage, dass jemand, der in seinem Beruf große Verantwortung trägt und ständig Entscheidungen treffen muss, die Einfluss auf viele andere Personen haben, seinem geistigen und körperlichen Wohlbefinden mindestens genauso viel Gewicht zumessen muss, wie alle anderen.

Ich denke auch nicht, dass wir Fehltritte oder Fehlentscheidungen bei Politkern nicht tolerieren wollen, weil wir ihnen diese menschliche Seite nicht zugestehen. Im Gegenteil, ich fände es wünschenswert, dass die Entscheidungsträger eines Landes tatsächlich human agieren würden. Allerdings tun sie das meistens nicht. Nicht nur während der Corona-Krise oder im Umgang mit dem Konflikt in der Ukraine, sondern auch in den meisten anderen aktuellen Baustellen, beschleicht einen doch ständig das Gefühl, dass sämtliche Entscheidungen am Ende politisch und nicht menschlich motiviert sind. Und leider habe ich den Eindruck, dass diese politischen Entscheidungen, wenn man die ausschweifenden und nicht immer stringenten Erklärungen, mit denen sie begründet werden, mal auf das Wesentliche herunter bricht, immer mit irgendwelchen Machtspielchen und finanziellen Interessen zu erklären sind.

Statt das große Ganze zu sehen und genau daran etwas zu verändern, wartet scheinbar alle Welt auf eine unglückliche Wortwahl des einen oder anderen Politikers oder sucht nach Leichen im Keller, auf denen dann höchst empört solange herumgehackt wird, bis die betreffende Person sich eine offizielle, möglichst emotionale und private Stellungnahme abwürgt. Je mehr er oder sie dabei auf die allgemeine Tränendrüse drückt, desto besser.

 Danach folgt dann eine schier endlose Diskussion auf allen Ebenen, die entscheiden soll, ob unter den ach so unduldbaren Umständen ein Rücktritt erforderlich ist oder nicht. Dass diese Stellungnahme von unzähligen Beratern und Rhetorikern verfasst oder zumindest mit beeinflusst ist, um den einen oder anderen Effekt zu erzielen, scheint Nebensache zu sein. – Genauso wie die Frage, ob das denn nun alles der Wahrheit entspricht oder nicht.

Es wird um Wählerstimmen gefeilscht, indem man die jeweils anderen Parteien möglichst in schlechtem Licht da stehen lässt, ein wahnsinnig verlockendes Wahlprogramm aufstellt, von dem am Ende ohnehin nicht einmal die Hälfte umgesetzt wird, und indem man Otto Normalverbraucher als Wähler die Illusion vorgaukelt, dass er etwas zur Entwicklung im eigenen Land und in Europa beitragen kann. Dieses Theater, was in der Politik vorgespielt wird, kann man in Deutschland beobachten und auch sehr gut in Spanien, wo sich die Parlamentarier auf allen Gremien in den öffentlichen Versammlungen im übertragenen Sinne an die Gurgel springen und anschließend in der Kneipe nebenan gegenseitig aufs Feierabendbierchen einladen.

Ich frage mich, warum wir eigentlich noch auf diesem obsoleten System der unterschiedlichen Parteien verharren. Wann kapieren wir denn, dass wir uns auf die Baustellen konzentrieren müssen, die im allgemeinen Interesse stehen? Was gibt es denn unerheblicheres als einen Parteinamen, wenn uns der ganze Planet bald um die Ohren fliegt?
 

Die menschliche Seite der Politiker sollte uns bei der Entscheidungsfindung interessieren. Dass Gelder veruntreut werden, sehr diskussionswürdige Boni ausgezahlt werden, Dienstprivilegien für private Zwecke genutzt werden oder gelogen wird wie gedruckt ist doch keiner Diskussion wert. Diese Person sollte eben – ohne Fortzahlungen – des Amtes enthoben werden, genauso wie jeder andere Arbeitnehmer gekündigt würde, wenn er sich solche Brocken leistet. Es ist eben so, dass Politiker auch ein Beruf ist, dem – wie jedem anderen Beruf – mit vollem Einsatz nachgekommen werden sollte. Kann man das nicht leisten, weil man parallel in zwanzig Gremien der Wirtschaft als Berater tätig ist, oder privat zu viel anderes auf dem Tablett hat, muss man sich halt eine andere Tätigkeit suchen, bei der all man diese Dinge unter einen Hut kriegt und seine Arbeit trotzdem gut machen kann.   

Du weißt doch, dass ich Science-Fiction mag!

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Wie störungsanfällig die Kommunikation zwischen zwei oder mehr Personen ist, wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Warum das so ist, wird sowohl in unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft als auch in der Gesellschaft immer wieder untersucht und diskutiert. Das Schnabel-Ohren-Modell, von dem ich beispielhaft im letzten Eintrag dieser Kategorie geschrieben habe, ist nur eine der möglichen Ursachen dafür. Dort ist von den unterschiedlichen Filtern die Rede, mit denen wir jeweils Aussagen treffen und verstehen können. Dieses Phänomen führt unweigerlich zu Konflikten, vor allem wenn dann auch noch die Interpretation dessen hinzukommt, was gesagt oder eben gerade nicht gesagt wurde.

Ein Freund erzählt: „Wir waren schon seit Ewigkeiten nicht mehr zusammen im Kino.“ Der andere hakt nach: „Hast du ihr denn schon mal gesagt, dass dich das stört?“ - Der erste: „Also weißt du, wir sind jetzt seit so vielen Jahren zusammen. Sie weiß doch genau, dass ich super gerne ins Kino gehe. Das muss ich ja jetzt nicht plötzlich extra dazu sagen.“

Eine Freundin erzählt: „In letzter Zeit sagt er mir ständig, dass dieser oder jene neue Science-Fiction-Film im Kino läuft. Und am Ende verabredet er sich dann doch nie mit jemandem und beklagt sich dann noch, wenn der Streifen wieder aus dem Programm genommen ist.“ Die andere antwortet: „Vielleicht will er ja mit dir zusammen ins Kino gehen, ihr macht ja in letzter Zeit ohnehin nicht mehr so viel zu Zweit“. Die erste: „Nach den ganzen Jahren weiß er ja wohl genau, dass ich Science-Fiction hasse. Er würde nie auf die Idee kommen, mich da mit hin zu schleppen. Er kriegt es ja nicht mal hin, einen Ausflug zu planen oder ein neues Restaurant vorzuschlagen.“

Vor allem bei Paaren, aber auch in anderen langjährigen zwischenmenschlichen Beziehungen könnten viele Konflikte vermieden oder abgemildert werden, wenn man Dinge klar ausspricht, ohne vorauszusetzen, dass der Andere einen automatisch versteht, weil man sich doch so in und auswendig kennt. Denn natürlich weiß man um die Vorlieben, Macken und Gewohnheiten des Anderen, aber man liegt eben auch wahnsinnig oft falsch in solchen Annahmen und überträgt leicht Dinge fälschlicherweise aus dem einen Bereich in den nächsten. 

Diese Tendenz, sich nicht verstanden zu fühlen, weil jemand anderes eine halb gare Aussage nicht in unserem Sinne auslegt oder weiterdenkt, geht zurück auf das tiefliegende Bedürfnis ständig Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren und spielt sich – wie so Vieles – meist unbewusst ab. Wenn diese Art der Kommunikationsstörung in Beziehungen häufig vorkommt, kann sie schleichend zum Pulverfass werden, das durch irgendeinen anderen, wenn auch scheinbar nichtigen Detonator explodieren und den Beteiligten in Form einer handfesten Krise um die Ohren fliegen kann.

Wir sollten versuchen, uns öfter ins Gedächtnis zu rufen, dass wir die Gedanken und Gefühle einer anderen Person, und wenn wir sie noch so lange und gut kennen, eben doch nie ganz exakt durchschauen, geschweige denn vorhersagen können. Im Umkehrschluss sollte man sich klar machen, dass es andere bei uns auch nicht können.

Also auch hier ist es angebracht, ab und zu fünf grade sein zu lassen: Es bricht einem kein Zacken aus der Krone, wenn man diesen extra Satz äußert, obwohl der andere ihn ja vermeintlich ohnehin schon kennt. „Du, da ist jetzt dieser neue Science-Fiction-Film angelaufen. Ich finde es schade, dass wir schon so lange nichts mehr zu Zweit gemacht haben. Ich würde mich echt freuen, wenn du mitkämest – du weißt doch, wie sehr ich Science-Fiction liebe.“

Und für den Fall, dass man sich wirklich in und auswendig kennt, ist es sicher lohnenswert, die Anerkennung und Wertschätzung zu kommunizieren, statt sie zu erwarten. „Ich weiß, dass Science-Fiction nicht so dein Ding ist, aber wenn du mitkommst, versuche ich mal den nächsten Ausflug zu planen, obwohl ich das nicht so gut kann wie du.“

Wer weiß eigentlich noch, wo es lang gehen soll?

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Gesundheit, Klimaschutz, Digitalisierung, Migration, Rente, Arbeitsmarkt und Wohnraum sind in den letzten Jahren die Themen, die in Deutschland und anderen europäischen Ländern im öffentlichen Interesse stehen. Natürlich tauchen sie auch deshalb in den Wahlprogrammen der Parteien unterschiedlicher Repräsentanzebenen auf.

Betrachtet man die Vorschläge und Lösungsansätze, die bei den einzelnen Themen so diskutiert werden, liegt für mich die Mutmaßung nahe, dass politische Entscheidungen oft von irgendwelchen Machtspielchen, von verkrusteten Regelwerken, die man scheinbar weiter erfüllen muss, weil es immer schon so war oder von Interessenkonflikten auf verschiedensten Ebenen getrieben sind. Ich möchte dabei keinem Politiker Böswilligkeit unterstellen und ich glaube auch nicht, dass eine bestimmte Gruppe an den Fäden zieht und zupft, bis die Politik in die gewünschte Richtung geht.

 Ich habe eher den Eindruck alle rennen irgendwie hin und her, wie Hühner ohne Köpfe. Gestresst von dem Druck, etwas tun zu müssen und zwar schnell, weil es ja überall brennt, und wir mit so vielen Entscheidungen hinterherhinken, aber leider ohne einen Schimmer zu haben, wo es überhaupt hingehen soll. Wenn ich also ganz besonders schnell hin und her renne, möglichst viele Sachen verändere und aussehe, als wüsste ich, wo es lang geht, wird schon keiner merken, dass ich echt keine Ahnung habe, was ich eigentlich machen soll.

Eine Sitzung im Plenarsaal oder im Rathaus oder im Bundestag. – Es ist unerheblich, wo genau sie stattfindet und in welcher Zusammensetzung. Ich stelle mir trotzdem als Beispiel den Bundestag vor. Diese ganzen Abgeordneten, von denen wir in Deutschland viel zu viele haben, wie man der Presse in letzter Zeit häufig entnehmen kann. Aber es ist ja so praktisch, wenn sich viele Personen eine Aufgabe teilen – hinterher braucht man auch selbst nicht dafür grade zu stehen. Aber das ist ein Thema für sich, über das ich vielleicht mal gesondert sprechen werden. Jedenfalls glaube ich, folgende Überlegungen spielen sich so oder ähnlich bei ganz vielen Personen im Kopf ab, egal auf welcher politischen Ebene sie tätig sind.

Also die Probleme und die Lösungsvorschläge, über die heute gesprochen und abgestimmt werden soll, konnte ich beim besten Willen nicht durchlesen. Ich hatte ja echt absolut keine Zeit. Immerhin war ich den ganzen Vormittag in geschäftlichen Videokonferenzen, bei denen ich als externe Beraterin nun wirklich auch voll konzentriert sein muss, mein Honorar hängt ja von den Abschlüssen ab. – Außerdem war das echt ein wahnsinnig langes PDF. Ausgedruckt wären es locker 20 Seiten gewesen. – Danach musste ich die Kinder vom Geigenunterricht abholen und noch schnell das Essen für den Abend besorgen und dann war ja auch schon der Termin der Sitzung. Naja, wenigstens geht es mir nicht allein so, es scheinen alle sehr abgehetzt hier anzukommen. Manche kommen auch gar nicht und die Hälfte von denen, die hier sind, hängt schon wieder am Handy. – Ach, da fällt mir ein, ich hatte dem einen Vorstandsvorsitzenden ja auch zugesagt, ihn kurz über das heutige Meeting zu informieren. Naja, dann schicke ich ihm halt jetzt schnell eine Email vom Handy aus. Am Anfang der Sitzung ist ja eh meistens nur Begrüßung und Geplänkel und ich kann ja nebenbei zuhören. – Gut, dass jetzt noch mal eine Zusammenfassung vom Vorschlag gemacht wird, bevor wir abstimmen müssen. Aber stand da jetzt auch etwas von der Experteneinschätzung im Abstract? Was ist eigentlich mit dem Endpreis, der dann auf uns zukommt? – Das kann ich jetzt wirklich nicht fragen. Ist ja mega peinlich. Dann merkt ja erst recht jeder, dass ich die Sitzung nicht vorbereitet hab. Paul hat es sicher genau durchgelesen. Das macht er ja immer. Wenn er jetzt nicht nachfragt, dann wird schon alles seine Richtigkeit haben. Ich stimme einfach ab, wie er abstimmt. Eigentlich sind wir ja ohnehin meistens einer Meinung. – Oh hier, ein alert auf LinkedIn. Die Position klingt ja interessant. Wäre auch wieder als externe Beraterin. Schon praktisch, dass man das dann immer mit der Partei-Arbeit kombinieren kann. Ich glaube ich bewerbe mich darauf. Komme ich halt einmal im Monat nicht zur Versammlung. Fällt auch nicht weiter auf. Bianca fehlt ja auch ständig, weil sie in ihren alten Job als Anwältin nicht komplett aufgeben wollte. – Oh, Paul hebt die Hand. Schnell. Ich meine auch. Aber war das jetzt dafür oder dagegen?

Ja und so fährt dieser Zug, in dem wir alle sitzen, einfach vor sich hin. Im Führerstand weiß keiner so richtig, wie man das Ding eigentlich bedient, geschweige denn, wo es eigentlich hingehen soll. Mal kurz anhalten und überlegen, welches Ziel eingegeben werden sollte, ist nicht drin. Wir würden dann wichtige Zeit verlieren, außerdem sind die Schienen ja schon jahrelang ausgebaut, die werden sich damals schon etwas dabei gedacht haben mit der Richtung. Die anderen würden ja sicher auch mal nachfragen, wenn das Ziel jetzt so wichtig wäre. Wir sollten uns lieber weiter darum kümmern, was wer wie genau gesagt hat, oder wer wann wo mit wem zu stark oder schwach in eine Kamara gegrinst hat, denn wenn wir uns gegenseitig genügend auf die Kleinigkeiten aufmerksam machen und die Schwächen der anderen betonen, dann merkt vielleicht auch keiner, dass wir weder vorbereitet sind, noch Zeit haben bzw. nehmen, um uns näher mit bestimmten Fragen auseinander zu setzen. Es merkt dann vielleicht auch keiner, dass uns eigentlich  viel mehr interessiert, welches Pöstchen man so als nächstes erklimmen kann, als  die Festlegung einer politischen Entscheidung deren Früchte man ohnehin erst in ein paar Jahren ernten kann.

Und der Zug fährt in der Zwischenzeit weiter vor sich hin und wenn es bergab geht, wird er schneller – der eine oder andere im Führerstand weiß vielleicht, wo die Bremse ist, Aber bedienen will er sie nicht. Dann wäre er ja verantwortlich und müsste Rede und Antwort stehen für diesen plötzlichen Tempo- oder Kurswechsel. Das passt ja keinem in den Kram, wo wir doch ohnehin keine Zeit haben.  Geht ja irgendwann auch mal wieder bergauf, dann wird der Zug ja von alleine langsamer.

Kommunikation – von Ohren und Schnäbeln

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Er: „Hast du ein neues Kleid? Darin siehst du wirklich fantastisch aus!“ – Sie: „Du findest also, dass ich in meinen anderen Klamotten nicht gut aussehe?!“

Vielleicht ist es wirklich so, dass er dieses Kleid im Gegensatz zu anderen,  sehr vorteilhaft an ihr findet. Vielleicht wollte er aber auch nur hervorheben, dass sie heute (mal wieder?!) toll aussieht. Vielleicht hatte sie beim Kauf ein schlechtes Gewissen wegen des Geldes und sich gedacht, „eigentlich brauche ich ja nicht wirklich ein neues Kleid, ich habe ja noch so viele andere, in denen ich mich wohlfühle.“

Wie wir in Alltagssituationen die Äußerungen unserer Gesprächspartner aufnehmen, hängt nicht nur davon ab, wie sie gesagt werden, sondern eben auch, auf welchen emotionalen Boden sie an diesem Tag gerade fallen.

Der Psychologe Schulz von Thun entwickelte schon vor Jahren ein Kommunikationsmodell, das meiner Meinung nach sehr gut verdeutlicht, warum unsere Kommunikation in verschiedensten Kontexten oft zu Mißverständnissen und Mißstimmung führen kann.

Nach diesem Modell transportieren wir bei jeder Äußerung immer Sachinhalt, Beziehung, Selbstoffenbarung und Appell. Wir sprechen demnach mit vier Schnäbeln. Der Gesprächspartner kann diesen Inhalt auf denselben vier Ebenen, also mit vier Ohren hören.

Bei der Kommunikation spielen natürlich auch nonverbale Elemente wie Gestik, Mimik oder Intonation eine große Rolle. Außerdem ist absolut relevant, dass die Gesprächspartner  von ähnlichen Ideen oder Referenzen ausgehen. Dabei ist unter anderem entscheidend, von welchen Grundwerten eine Person in ihrem Sprechen, Denken und Handeln ausgeht. Diese wiederum hängen natürlich von allerlei verschiedenen Faktoren ab wie zum Beispiel von der jeweiligen Kultur, Erziehung und (Aus-)Bildung, Lebenserfahrung, emotionaler oder psychischer Veranlagung bzw. Verfassung.

Im Endeffekt ist das, was zu Mißverständnissen führt, meistens einer Fehlinterpretation des Senders und/oder des Empfängers geschuldet. Wenn wir uns beim Sprechen und/oder Hören die betreffenden Filter bewusst machen, lassen sich Unstimmigkeiten leichter vermeiden bzw. schneller aus dem Weg schaffen.

Würde man davon ausgehen, dass bei gewählten Beziehungen wie einer Freundschaft, das Gegenüber einem generell zunächst Gutes will – sonst wäre man mit dieser Person wahscheinlich im Normalfall nicht zusammen –  würde man als Empfänger nicht so schnell auf Fehlinterpretationen einer Äußerung kommen.

Krieg im 21. Jahrhundert – Warum ist das kein Widerspruch in sich?

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Quantencomputer, Künstliche Intelligenz, Marsmissionen – die Zukunft hat längst begonnen. Warum dümpeln wir in einigen Bereichen immernoch im Mittelalter rum? Wenn ich mit Leuten über den Krieg in der Ukraine spreche, muss ich natürlich zugeben, dass ich historisch und politisch nicht ausreichend firm bin, als dass ich die aktuelle Entwicklung fundiert beurteilen könnte. Schnell werde ich also als naiv bezeichnet, wenn ich mit meinen simplen Überlegungen um die Ecke komme.

Warum ist der Motor aller politischen Entscheidungen denn immer noch Geld und Macht? Warum müssen Konflikte zwischen Staaten immernoch durch Krieg ausgefochten werden, als wären es Schlägereien auf dem Pausenhof?

Längst tickt die Uhr in Sachen Klimawandel und Umweltschutz, aber trotzdem werden Abkommen nach finaziellen Interessen abgeschlossen.

Mir geht es einfach nicht in den Kopf, warum wir über Kriege sprechen, als wären sie vollkommen normal und nötig. Kriegsverbrechen werden untersucht und von irgendwelchen Gremien, die selbst mit Neutralität hausieren gehen, obwohl sie offensichtlich ein Spielball zwischen den Interessen der einflussreicheren Staaten sind. Kriegsverbrechen? Ist nicht Krieg an sich schon das Verbrechen schlechthin?

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